Seitengeschnetzeltes II

Seit ich die Kategorie auf meinem Blog einführte, ist viel Wasser den Main hinab geflossen. Besonders viel hat sich hier ansonsten nicht getan. Gelesen habe ich dennoch einige interessante Bücher, von denen insbesondere Felix Philipp Ingolds „Alias oder Das wahre Leben“ einen Artikel verdient gehabt hätte, für den ich aber nicht die Zeit aufbringen konnte, um diesem Buch gerecht zu werden. Die komplexe Struktur allein macht eine tiefergehende Auseinandersetzung unausweichlich.  Vielleicht waren es aber Zweifel daran, ob ich dem Buch gerecht werden könnte, die mich hinderten, etwas darüber zu schreiben. Zurzeit lese ich Dubravka Ugrešićs „Karaokekultur“ (das mich sehr zum Nachdenken bringt) und einen Band mit Erzählungen. Der zweite Teil der Tagebücher Susan Sontags ist vor kurzem bei mir eingetroffen und ich bin schon gespannt, was mich auf den über 500 Seiten erwartet. Zwischendurch tauche ich in die lyrischen Welten des jüngsten Gedichtbands „Quittenstunden“ von Marica Bodrožić ab. Bis es demnächst, so hoffe ich, mal wieder die eine oder andere Buchbesprechung/-empfehlung geben wird, hier also die zweite Ausgabe an Linktipps zum Stöbern.

Aus besonderem Holz geschnitzt…

…sind die Arbeiten des tschechischen Künstlers Martin Patřičný, die ich 2010 im Prager Landwirtschaftsmuseum (Národní zemědělské muzeum) bewundern konnte. Dank des Internets habe ich sie jetzt wiedergefunden.  Viele seiner Werke sind Mosaike aus verschieden(farbig)en Hölzern, deren Oberfläche auf unterschiedliche Weise bearbeitet wurde. Wenn ihr auf das obige Bild klickt, gelangt ihr zur Homepage des Künstlers, die auch eine englische Benutzeroberfläche mit ausführlichen Informationen beinhaltet. In meinen Augen sind das filigrane Meisterwerke, die die Vielseitigkeit von Holz eindrucksvoll unter Beweis stellen. Die Maserung, Jahresringe und knorrige Äste der farbenfrohen, unterschiedlichen Hölzer, ergeben in verschiedensten Größen und Formen kombiniert faszinierende Collagen.

Flavorpill  präsentiert auf ihrer Webseite die 25 schönsten öffentlichen Bibliotheken der Welt. Den Superlativ hätte man sich bestimmt sparen können, davon abgesehen befinden sich sehr schöne und architektonisch außergewöhnliche Gebäude in dieser Liste, die auf jeden Fall einen Blick und wenn möglich einen Besuch lohnen. (via)

The Story of Sushi

Bei Philea konnte man Anfang März über Slinkachu lesen, dessen Arbeiten durch den besonderen Blickwinkel bzw. die Verhältnismäßigkeit eine große Anziehungskraft ausstrahlen. In den Kommentaren machte wortmeer auf die beeindruckenden, fotografisch festgehaltenen Miniaturwelten von Frank Kunert aufmerksam. In diese Richtung gehen auch die Arbeiten der Amerikanerin Lori Nix. Sie bastelt kleine Dioramen, in denen sie Naturkatastrophen in Szene setzt oder Installationen zeigt, wie sie in Naturkundemuseen zu sehen sind bzw. waren. Ist das Diorama fertig, wird es entsprechend belichtet und es werden Aufnahmen gemacht. Die Fotografien sind das Kunstwerk, sagt Lori Nix, die die Magie im Zweidimensionalen sieht. Aus diesem Grund kann sie es kaum erwarten, die Dioramen auseinanderzunehmen, wenn die Szenen auf Film gebannt sind. Einige wenige Sachen hebt sie auf, der Rest wandert in den Müll. Großen Wert legt sie darauf zu betonen, dass sie ihre Illusionen ohne digitale Hilfsmittel oder Retusche herstellt. Ihre Fotografien zeigen genau das, was die Kameralinse einfängt. Und das sind ganz wunderbare, kunstfertige Aufnahmen, die man auf ihrer Webseite bestaunen kann. Bei der Arbeit zeigen sie diese Videos (#1, #2)

Das jüngste Projekt, an dem sie beteiligt war, hatte einen Film mit dem Titel „The Story of Sushi“ zum Ergebnis und kritisiert u.a. die Fangmethoden, z.B. das Problem des Beifangs, die Verarbeitung und die Transportwege in der Fischfangindustrie. Die Umsetzung der Zukunftsvision am Ende ist wünschenswert. (via)

Vergessen, vernachlässigt, verkannt

Auf der Suche nach dem Besonderen? Auf den Mikroblogs „Writers No One Reads“ und „(un)justly (un)read“ finden sich Werke von Schriftstellern, die mit den Adjektiven „forgotten, neglected, abandoned, forsaken, unrecognized, unacknowledged, overshadowed, out-of-fashion, under-translated” versehen sind. Die Linklisten sind weitere Fundgruben, fürs Auge die „Invisible Stories“.

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15 Antworten zu Seitengeschnetzeltes II

  1. freudefinder schreibt:

    toll diese Holzskulptur – oder sollte man besser Holzbild sagen – danke

    • wortlandschaften schreibt:

      Eine Skulptur im klassischen Sinne ist es wohl eher nicht, die gab es bei der Ausstellung auch zu sehen. Wie sich das für Bilder gehört, hingen die meisten an der Wand. Ob Bild oder Skulptur, Kunstwerke sind es auf jeden Fall. Freut mich, dass sie Dir/Ihnen auch gefallen.

  2. buechermaniac schreibt:

    Die Arbeiten von Martin Patřičný sind absolut fantastisch. Ich liebe Holz und streiche gerne mit den Fingern darüber, auch über die Stämme von Bäumen. Holz ist für mich das wunderbarste Material, egal ob als Möbel, Geschirr, Dekoobjekt (gern auch Wurzeln und Rinden). Wie der Künstler mit Holz umgeht finde ich absolut genial und wunderschön. Die Natur liefert doch immer wieder die besten Vorlagen. Ich würde sofort eines seiner Bilder aufhängen. Danke, dass du deine, erneut schöne, Entdeckung mit uns teilst.

    Liebe Grüsse
    buechermaniac

    • wortlandschaften schreibt:

      Ich bin auch ein großer Freund von Holz. Es strahlt eine Wärme aus, so dass man sich gleich wohlfühlt. Ich weiß noch, dass ich bei der Ausstellung auch den Drang verspürte, über das Holz zu streichen, aber im Museum ist dann doch eher Zurückhaltung angebracht. 😉 Es gab dort aber schon Dinge, die man ruhig anfassen konnte. Ob sie von diesem Künstler waren, kann ich nicht mehr sagen. Den Namen hatte ich mir nicht gemerkt, sondern Ort und Zeit.

      Liebe Grüße

  3. Petra Gust-Kazakos schreibt:

    Hübsche Idee, diese Seitenschnetzeleien – tolle Tipps, danke : )

  4. buzzaldrinsblog schreibt:

    Danke für deine tollen Linktipps, die Holzkunstwerke sind mehr als fantastisch … 🙂

    Deine gelesenen Bücher klingen interessant und ich wünsche mir sehr, dass du bald wieder die Zeit finden wirst, eine Besprechung zu schreiben. Ich bin besonders an den Tagebüchern von Susan Sontag interessiert – ich kenne von ihr bisher noch nichts, möchte aber schon so lange etwas lesen. Letztes Jahr habe ich das Buch ihres Sohnes David Rieff gelesen, das sehr interessant war.

    • wortlandschaften schreibt:

      Freut mich, wenn für Dich auch was Interessantes dabei war. Das Buch von David Rieff habe ich auch gelesen und ein bisschen was darüber geschrieben. Außer dem ersten Teil der Tagebücher kenne ich auch nicht viel von Susan Sontag, vereinzelte Essays. Läuft einem ja nicht davon. Den 2. Teil der Tagebücher hab ich noch nicht mal begonnen und leider muss ich momentan andere Bücher wälzen, so dass ich in der Freizeit nicht mehr so viel lese, wie in ruhigeren Zeiten. Für das Schreiben fehlte mir zuletzt gänzlich die Zeit.

      Ein paar Stichpunkte habe ich mir bei den letzten Büchern aber gemacht. Mal sehen, was daraus wird.

      Viele Grüße!

      • buzzaldrinsblog schreibt:

        Hallo Wortlandschaften,
        deine Rezension zu David Rieff hat mich sehr begeistert und viele Gefühle die ich beim Lesen empfunden habe, noch einmal wachgerufen. Liest du den 2. Teil der Tagebücher auf Englisch? Da ich nicht viel auf Englisch lese bin ich mir leider nicht sicher, ob ich alles verstehen könnte.
        Was musst du denn noch für andere Bücher wälzen (falls diese Frage nicht zu indiskret ist)? Ich habe in diesem Semester mein Studium wieder aufgenommen und bin auch damit konfrontiert, weniger Zeit zum Lesen und auch zum Schreiben zu haben. Zwischen Eichendorff und E.T,A, Hoffmann versuche ich immer mal wieder ein paar kleine Zeiteinheiten für andere Bücher zu finden. Das klappt mal mehr und mal weniger.

        Liebe Grüße!

  5. wortlandschaften schreibt:

    Hallo Mara,

    entschuldige die verspätete Antwort, momentan ist es sehr stressig bei mir. Danke für das Lob für den kleinen Text zu Rieffs Buch. Den 2. Teil der Tagebücher lese ich auf Englisch. Ich lese selbst auch nicht so viel auf Englisch, eher Fachtexte und manchmal Übersetzungen, die es im Deutschen nicht gibt oder Originale, die nicht übersetzt wurden. Ich mag die Sprache aber sehr gerne und schaue englischsprachige Filme immer im Original, von daher glaube ich, dass es auch mit Bequemlichkeit zu tun hat, warum ich in den meisten Fällen zur Übersetzung greife. Und natürlich die Macht der Gewohnheit. Ich bin mir sicher, dass ich auch das eine oder andere Wort nachschlagen müsste, aber nur so vergrößert sich der Wortschatz.

    Bei mir sieht es ähnlich wie bei Dir aus, was die „anderen Bücher“ angeht. Manchmal bleibt zwischen Grammatik und theoretischen Schriften ein bisschen die Lust auf der Strecke. Die Zeitung will außerdem auch gelesen werden. Aber a bisserl was geht immer!

    Liebe Grüße!

  6. Kim schreibt:

    Die Arbeiten von Patřičný sind ja wirklich sehr ungewöhnlich! Da muss ich wohl den Namen genauer recherchieren 🙂
    Danke für den Tipp!

  7. Mila schreibt:

    Danke für den Hinweis auf Karaokekultur – ist ganz an mir vorbei gegangen das Buch – und klingt doch ziemlich interessant…

    • wortlandschaften schreibt:

      Gerne. In den Essays zur digitalen (Massen-)Kultur und ihren Auswüchsen nimmt sie kein Blatt vor den Mund. Die Bücher „Baba Jaga legt ein Ei“ und „Keiner zu Hause“ (was ich hier im Blog vorgestellt habe) kann ich Dir auch empfehlen.

      PS: Deinen Kommentar konnte ich heute erst freischalten, weil ich eine Weile ohne Internet war.

  8. JeannieU schreibt:

    Ich habe Dein Blog erst heute durch einen Zufallstreffer in der externen WP-Tag-Search gefunden (die internen Reader zeigen Artikel aus dem April letzten Jahren natürlich nicht mehr an). Dein Gravatar und das ungewöhnliche Holzbild haben mich sofort angesprochen (den Künstler habe ich mit Google dann gefunden und sofort in meine Bookmark-Sammlung aufgenommen). Schade, dass Du offensichtlich das Blog nicht mehr aktiv weiterführst; aber ich denke, ich kenne einige der Probleme selbst, ich habe in letzter Zeit schon 4 meiner Blogs platt gemacht – und fürchte sehr, dass ich auch mit meinem letzten (einer Kooperation mit meinem Bruder) langsam die Geduld verliere.
    Wo steht Du jetzt mit Deinem Blog? Hörst Du mich noch?

    • wortlandschaften schreibt:

      Hallo Jeannie,

      ich bekomme bei Kommentaren auf meinem Blog eine Benachrichtigung per Mail, also registriere ich schon noch, falls sich mal jemand hierher verirrt, so wie Du heute. Freut mich, dass Dir die Holzbilder auch gefallen, ein Klick auf das Bild hätte Dich schon zur Homepage des Künstlers gebracht, aber Google hilft da natürlich auch weiter.

      Zu Deinen Fragen: Ja, mein Blog ist jetzt schon fast ein Jahr nicht mehr gefüttert worden und nach derzeitigem Stand wird sich das so schnell nicht ändern. Mir fehlt momentan die Zeit und wenn sie doch vorhanden ist, dann möchte ich sie für andere Dinge nutzen. Ab und zu kommentiere ich noch auf anderen Blogs, aber im Großen und Ganzen bin ich eher wieder zu dem geworden, der ich vor dem Bloggen war, ein stiller Leser.

      Ich vermisse das Bloggen auch nicht wirklich. Manchmal juckt es ein bisschen in den Fingern, aber dem kann ich auch nachgeben, ohne das Resultat irgendwo veröffentlichen zu müssen.

      Alles Gute noch für Dein Blog. Wenn es keinen Spaß mehr macht, kann man jederzeit den Stecker ziehen bzw. die Seite ruhen lassen.

      • JeannieU schreibt:

        Danke, mein Blog wird es brauchen …
        Auch ich glaube nicht, dass ich das Bloggen wirklich vermissen würde – aber es ist für mich wohl ein Vorwand zu stöbern. Schon beim Durchsehen Deiner letzten 4 oder 5 Artikel habe ich einige aufregende Links gefunden. Das alles hätte ich nie gesehen, wenn ich nicht hier bei WordPress diesen „letzten Blog-Versuch“ gestartet hätte.
        Dir ebenfalls alles Gute,
        Jeannie

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