Die Diskussion um Buch und E-Book (ich vermeide bewusst ein «Oder» dazwischenzustellen) wird auch heute noch mit überraschender Schärfe geführt. Ich möchte die in meinen Augen ermüdende Diskussion an dieser Stelle nicht neu befeuern, sondern generell über eine weitere, sinnvolle Verwendung von geschriebenem und gesprochenem Wort im Dateiformat berichten.
Zu den grundsätzlichen Methoden des Spracherwerbs zählen Hören, Sprechen, Lesen und Schreiben. Einige werden sich vielleicht noch an die verrauschten Tonbandkassetten im Englischunterricht erinnern, die meist viel zu laut abgespielt wurden. Wohl dem, der in der letzten Reihe saß. Mit der CD gehörte das Rauschen ebenso der Vergangenheit an, wie das lästige Zurückspulen. Ob mit Kassette oder CD, schon damals empfahl es sich, den eingesprochenen Texten und Dialogen zu lauschen. Im Zeitalter des E-Books und Hörbuchs hat sich daran nichts geändert. Jedoch war es nie einfacher und günstiger, sich sein eigenes kleines Sprachlabor zu schaffen und die besten Lernmethoden zu kombinieren. Ein wunderbares Programm, das ich seit knapp 2 Jahren nutze, steht dabei im Mittelpunkt:
Learning with Texts
Die Software entstand ursprünglich aus einem Hobbyprojekt des Entwicklers, der sie erfreulicherweise der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt hat, d.h. sie ist kostenfrei, kann beliebig genutzt und bei Bedarf auch verändert werden. Unterstützt werden die bekanntesten Systeme (Windows, Linux, Macintosh). Sofern man die gut dokumentierten Installationshinweise berücksichtigt, sollte es keine größeren Probleme geben und man kann sehr schnell loslegen. Aufgrund der großen Anzahl an Linux-Distributionen gibt es nicht für jede einzelne eine genaue Installationsanleitung, was zu Komplikationen führen kann, je nach Erfahrungsschatz. Aus diesem Grund werde ich am Ende ein paar hoffentlich nützliche Hinweise zur Installation unter openSUSE geben.
Sind die Vorarbeiten erledigt, geht es an die Feinheiten. Je nach Sprache müssen noch spezielle Zeichensätze und Verknüpfungen zu Online-Wörterbüchern hergestellt werden, will man nicht auf die voreingestellten der Demo-Datenbank zurückgreifen. Die meisten Wörterbücher sollten funktionieren. Es ist ratsam, sich ein bisschen Zeit zur Recherche zu nehmen, um die besten Wörterbücher auszuwählen. Da man mehrere Wörterbücher einbinden kann, ist es möglich auch Seiten zur Flexion einzubinden. Auf diese Weise hat man je nach Reihenfolge auf Mausklick zuerst die Übersetzung [Dict1]. Ist man sich bezüglich Kasus, Tempus, Numerus oder anderer Merkmale unsicher, lässt sich auch diese Frage mit einem Mausklick [Dict2] beantworten. Die jeweiligen Übersetzungen trägt man in das dafür vorgesehene Feld ein (oder kopiert sie). Das mag auf den ersten Blick umständlich und zeitraubend klingen, muss aber natürlich in jeder Sprache nur einmal vorgenommen werden und hat seinen Lerneffekt. In jedem weiteren Text, den ich im Programm nutze, zeigt das Wort beim Mouseover nun die Übersetzung(en) an, die ich eingetragen haben. Zudem ist es mit der Farbe hinterlegt, mit der ich es verknüpft habe und die meinen Wissensstand anzeigen soll. Dazu stehen 5 Stufen des Lernens zur Verfügung, von rot (unbekannt) bis hin zu grün (gelernt). Bekannte Vokabeln, die man nicht mehr zu lernen braucht, kennzeichnet ein grüner Unterstrich. Eine Funktion zum Ignorieren von z.B. Namen gibt es ebenso. Zudem lassen sich auch tags vergeben. Hier sollte z.B. Person, Numerus, Tempus o.ä. eingetragen werden. Wie (zeit-)aufwendig und gewissenhaft man das macht, bleibt jedem selbst überlassen.
Die Arbeitsfläche von „Learning with Texts“ mit den Voreinstellungen für Französisch. Die Fabel „Le Corbeau et le Renard“ von Jean de la Fontaine stammt aus dem Internet Archive (Public Domain).
Bevor es zur Arbeit mit dem Text kommt, muss der erst einmal gefunden werden. Hierzu gibt es unzählige Möglichkeiten, die man seinen Vorlieben und seinem Wissensstand anpassen kann. Zum Einstieg finde ich etwas kürzere Texte ganz gut, da ein Ende in Sicht ist und so die Motivation eher erhalten bleibt. Klassische Texte, die mittlerweile frei von Urheberrechten sind, finden sich im Netz in sehr großer Zahl, erfreulicherweise ebenso in gesprochener Form als Audiodatei. So ist es ein Leichtes, ohne finanziellen Aufwand, die Fabeln von Jean de la Fontaine im französischen Original zu lesen und zu hören. Das Internet Archive sei als eine von zahlreichen Anlaufstellen genannt. Zur Verknüpfung von Text und Audiodatei muss Letztere nur in den dafür vorhergesehenen Ordner gespeichert werden und mit dem richtigen Pfad auf sie verwiesen werden.
Sollte man nicht auf Zeitgenössisches verzichten können, z.B. den neuesten Murakami, dann kann man sich das japanische E- und Audiobook kaufen. Sicher nur etwas für Fortgeschrittene oder sehr ambitionierte Lerner. Bedenken sollte man dabei auch, dass die Texte nicht unendlich lange sein dürfen und man die Audiodatei(en) deshalb eventuell selbst zerstückeln muss. Auch das sollte normalerweise keine große Sache sein, kann aber womöglich durch Kopierschutzmechanismen erschwert werden. Da bin ich leider nicht auf dem Laufenden. Alternativ nutzt man einfach einen anderen Player im Hintergrund und setzt sich dort Lesezeichen.
Die Software wird regelmäßig verbessert und vorhandene Bugs beseitigt. Den vollständigen Funktionsumfang kann man sehr ausführlich und schön bebildert auf der Webseite nachlesen. Vokabeln oder Phrasen lassen sich nach dem Karteikartenprinzip lernen, sowohl mit oder ohne Kontext. Annotationen lassen ein Lernen nach der Methode von Vera F. Birkenbihl zu. Zu beherzigen sind hier allerdings die Hinweise in der Anleitung, um sich die Arbeit nicht umsonst zu machen. Statistiken zeigen nicht nur den Fortschritt im Text und die bekannten und weniger bekannten Begriffe an, sondern ermitteln bei regelmäßiger Benutzung des Programmes mithilfe einer Formel auch die Notwendigkeit der Wiederholung. Es motiviert einfach, wenn sich aus einem vormals einfarbigen Text, für unbekannt stehend, mit der Zeit die Reihen lichten. Wenn mehrere Texte einer Sprache abgespeichert sind, verändert sich auch da automatisch die Prozentzahl der unbekannten Worte.
Wem die Software nicht genug ist, der kann zusätzliche technische Möglichkeiten und Programme nutzen. Man kann ein Headset/Mikrofon benutzen, um sich die eigene Aussprache aufzunehmen, anzuhören und zu vergleichen. Für fremde Alphabete gibt es zweisprachige Tastaturen (zu finden bei ebay), die man entweder an den Rechner anschließen oder ins Laptop einbauen kann. Für den Einbau in ein Laptop sollte man ein klein wenig handwerkliches Geschick mitbringen, da man in der Regel nicht so leicht an die Tastatur kommt, wie an Speicher oder Festplatte. Mit Geduld und Vorsicht ist das allerdings auch kein Hexenwerk. Diese zweisprachigen Tastaturen gibt es sicherlich nicht für jeden Laptoptyp und meistens in Verbindung mit einem englischen Layout (QWERTY statt QWERTZ). Zeichen und Umlaute stimmen dann nicht mehr mit dem deutschen Layout überein. Wer damit leben kann, hat jedenfalls eine langlebige Lösung im Vergleich zu Aufklebern, die trotz des Versprechens, ewig zu halten, aus eigener Erfahrung relativ schnell wieder an den Fingern kleben.
LWT unter openSUSE
Wenn man sich unter Linux niemals mit PHP oder MySQL beschäftigt hat (so wie ich), kann man schnell mal an Kleinigkeiten scheitern, die mit der eigenen Konfiguration oder Zugriffsrechten zusammenhängen. Daher hier nun eine kleine Auflistung, wie man unter openSUSE vorgehen kann, um mit LWT zu arbeiten. Als Browser benutze ich den Firefox. Prinzipiell kann man sich an die Anleitung zur Installation von LWT unter Ubuntu halten, muss jedoch ein paar Änderungen und Ergänzungen beachten, auf die ich hier kurz eingehen möchte:
1. LAMP-Server installieren (YaST-Kontrollzentrum → Software installieren)
2. MySQL Passwort vergeben, Datenbank anlegen (irgendwo habe ich gelesen, dass das automatisch geschehen sollte, aber es hat bei mir zumindest nicht geschadet).
3. Wichtig: Die Daten von der Downloadseite müssen unter openSUSE in folgendes Verzeichnis kopiert werden (bzw. dieses angelegt werden): /srv/www/htdocs/lwt
4. Das Umbenennen der «connect_xampp.inc.php» in «connect.inc.php» muss dann auch an diesem Ort stattfinden, am besten über die Konsole mittels «mv connect_xampp.inc.php connect.inc.php» und dann über (sudo) nano öffnen und wie unter obigem Link beschrieben bearbeiten
5. Wichtig: Im YaST-Kontrollzentrum unter Netzwerkdienste den HTTP-Server einrichten (Voreinstellungen übernehmen)
6. phpmyadmin installieren, jston extension installieren (YaST-Kontrollzentrum → Software installieren)
7. Apache-Server neu starten (YaST-Kontrollzentrum → System → Dienste-Verwaltung)
8. Um den Audioplayer zum Laufen zu bringen und allgemein Zugriffsrechte zu gewähren, die zum Schreiben und Speichern nötig sind gehe ich über die Konsole in das Verzeichnis, in der der lwt-Ordner liegt. In unserem Fall der Befehl «cd srv/www/htdocs/lwt». Hier dann folgenden Befehl eingeben: « sudo chmod -R 775 lwt». Aus Sicherheitsgründen ist 775 der 777 vorzuziehen.
In Verbindung mit der Anleitung für Ubuntu sollte der Arbeit mit «Learning with Texts» nichts mehr im Wege stehen. Trotzdem möchte ich darauf hinweisen, dass ich kein Experte auf diesem Gebiet bin und die Anleitung durchaus Überflüssiges enthalten kann. Bei mir funktioniert das Programm, also gehe ich davon aus, dass keine groben Fehler vorhanden sein sollten. Bei Verbesserungen/Ergänzungen/Bemerkungen bitte einfach über die Kommentarfunktion melden. Viel Spaß beim Lernen!
Weiterführende Links:
LWT-Homepage mit allem, was man braucht
Internet Archive (für Texte und Audiodateien)
Beispiellink Le Corbeau et le Renard (Audio)
Beispiellink Le Corbeau et le Renard (Text)