Umschlaggestaltung

Was ist es, das uns zu einem Buch greifen und einem anderen kaum oder gar keine Beachtung schenken lässt? Die Platzierung im Regal, der Name des Autors, der Titel, das Covermotiv? Man braucht sicher kein Psychologe oder Werbestratege zu sein, um sagen zu können, dass das individuell verschieden und auf mehreren Ebenen abläuft. Ein in irgendeiner Weise außergewöhnliches, vielleicht auf besonders künstlerische Weise gestaltetes Motiv, in Verbindung mit einer speziellen Typografie, erhöht bestimmt die Chancen. Schönheit liegt im Auge des Betrachters, dennoch kann man wohl einigermaßen objektiv zwischen langweiligen und ansprechenden Gestaltungen unterscheiden.

Was mich jedoch regelmäßig irritiert, sind praktisch identische Umschläge oder solche, deren Stil stark an ein anderes Buch erinnert. Damit meine ich in erster Linie natürlich keine Reihen oder Bücher ein und desselben Autors, sondern solche Bücher, bei denen man den Eindruck gewinnen könnte, die Gestaltung sei reine Marketingstrategie.
So ein irritierendes Gefühl hatte ich bei „Der gefrorene Rabbi“ von Steve Stern (erschienen 01/11), das mir verdächtig bekannt vorkam. Es war sicher kein Déjà-vu, denn dafür liegen noch zu viele Exemplare des Romans „Stadt der Diebe“ von David Benioff (erschienen 02/09) aus.

Wie in anderen Fällen gestaltete auch hier dieselbe Agentur die beiden Umschläge, wobei man erwähnen muss, dass bei „Stadt der Diebe“ die Original-Illustrationen verwendet wurden. Ich will hier keine Wertung vornehmen, denn für sich genommen finde ich die Umschlaggestaltung von „Der gefrorene Rabbi“ nicht schlecht, nur frage ich mich, ob es Teil des Konzeptes bzw. Auftrages war, sich an einem Bestseller zu orientieren. Oder war er nur die Quelle der Inspiration?

Weiterführende Links:
Dem Thema der Umschlaggestaltung widmet sich die Kolumne „Titel-Verteidiger“ auf boersenblatt.net. Stellvertretend die Links zu zwei Beiträgen:
Sarwat Chadda: Teufelskuss & Mary Higgins Clark: Nimm dich in acht
Paolo Giordano: Die Einsamkeit der Primzahlen & Suzanne Collins: Die Tribute von Panem

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7 Antworten zu Umschlaggestaltung

  1. Friederike schreibt:

    Maren hat dazu auf http://bibliomanie.wordpress.com/ ebenfalls einen sehr interessanten Beitrag geschrieben und ich möchte werde nun auch mal auf Suche gehen.

    Bei dem Beispiel, was du genannt hast, finde ich es noch gar nicht so schlimm: der Stil ist hier ja insgesamt sehr papierschnittmäßig, das könnte auch am Stil der Person liegen, nicht nur an ihrem fehlenden Einfallsreichtum 😉

  2. wortlandschaften schreibt:

    Danke für den Link, ich hab mir die „Cover-Unfälle“ mal angesehen, die sind wirklich schwer voneinander zu unterscheiden und teilweise unglaublich eintönig.
    Ich wollte hier ja kein Beispiel eines sogenannten „Cover-Unfalls“ geben, denn wie geschrieben, finde ich die Umschlaggestaltung für sich wirklich nicht schlecht. Zwischen den „Unfällen“ und diesen hier liegen Welten.
    Da beide Umschläge von derselben Agentur gestaltet wurden, frage ich mich eben, ob das Zufall ist oder ob dahinter eine Strategie steckt. Ich hatte eben so ein irritierendes Gefühl, als ich das Buch von Steve Stern sah.
    Manchmal bildet man sich ja ein, man habe es schon mal gesehen, z.B. in einer Literatursendung, bei Perlentaucher usw. nur um dann festzustellen, dass ich es gar nicht kannte. Das war hier der Fall.

    Grundsätzlich schrecken mich Beispiele wie die „Cover-Unfälle“ eher vom Kauf ab.
    Interessant ist übrigens manchmal auch ein Blick in das Ursprungsland des Buches, was die Umschlaggestaltung anbelangt. „Stadt der Diebe“ wurde nur geringfügig verändert, z.B. die Typografie und die Bäume, die auf das Backcover gewandert sind. Insofern könnte man z.B. die Typografie und das Scherenschnittartige freilich als Stil der Person sehen.

  3. vielleichtsagerin schreibt:

    schon eine weile her, aber immer noch lesenwert:

    Bücher und ihre Cover: Auf dem Umschlagplatz

    darin heißt es u.a. : „Da die Erinnerung an ein zuvor gern gelesenes Buch bei der Wahl neuer Lektüre eine große Rolle spielt – ein Umstand, den sich etwa Amazon für seine Empfehlungslisten längst zunutze macht -, werden Bestseller-Umschläge gern nachgeahmt. “

    link zum vollständigen artikel:
    http://www.faz.net/s/RubBE163169B4324E24BA92AAEB5BDEF0DA/Doc~E2B80D91B65B0498591AB69BFD1DFD14F~ATpl~Ecommon~Sspezial.html

    hoffe, es klappt 🙂

    LG, monika

    • wortlandschaften schreibt:

      Ein wirklich sehr guter und erhellender Artikel. Danke dafür.
      „Nicht katalogfähig“. Das erklärt schon einiges, nach welchen Kriterien da teilweise ein Cover gestaltet wird oder vielleicht besser gesagt, werden muss. Dass bestimmte Genres bloß keinen Anspruch vermitteln sollen, finde ich ja schon fast witzig. Schade um die Bücher darunter, die vielleicht doch einen gewissen Anspruch haben.
      Der Ausblick am Ende des Textes gefällt mir.

  4. vielleichtsagerin schreibt:

    noch irritierender finde ich es, dass autoren so gut wie kein mitspracherecht bei der covergestaltung haben (außer christian kracht, der macht’s selbst).

  5. Ada Mitsou schreibt:

    Vielen Dank, dank dir weiß ich nun endlich, an welches Buch mich das Cover des Rabbis erinnert! Ich war nämlich im ersten Moment auch irritiert, konnte es aber nicht recht einordnen.
    Ich denke schon, dass eine ähnliche Covergestaltung in vielen Fällen etwas mit den Erwartungen an die Verkaufszahlen bzw. der Hoffnung, an den Erfolg des anderen Buches anknüpfen zu können, zu tun hat. Man denke nur mal an die verschiedenen Wellen, die in regelmäßigen Abständen aufschwappen: Frauenköpfe von hinten inklusive Nackenpartie; große Schrift, die das gesamte Cover einnimmt, oft auch innerhalb der Silhouette eines Körperteils; bei Fantasy- oder Vampirromanen sind es oft Frauengesichter, die irgendeinen Schnörkel ums Auge haben usw.
    Meistens kommen diese Wellen dann zustande, wenn das erste Buch mit so einer Covergestaltung ein Kassenschlager wurde. Die Vermutung liegt also nahe.
    Jetzt schaue ich mir aber erstmal die Links an…

    • wortlandschaften schreibt:

      @ Vielleichtsagerin

      Da hast Du auch Recht.
      Kennst Du die Seite The Book Cover Archive und das dazugehörige Blog? Da kann man schön durch die Welt der Buchcover schlendern und sich Anregungen für neues Lesefutter holen, oder einfach nur die Cover bestaunen.

      Ich finde, dass man auch in anderen Bereichen, wie z.B. bei Filmplakaten sehr kreativ sein kann und auch mal von den konventionellen abweichen sollte. Ich hatte an andere Stelle auch schon darauf hingewiesen, mache das aber jetzt hier auch noch mal. Die Filmplakate, die früher in Polen zu bestaunen waren, sind meist ganz eigen(artig), in Stil und Form, auf eine wunderbare und intelligente Weise. In dieser Gallerie kann man sich durch viele Plakate klicken. Aber auch heute gibt es tolle Beispiele, wie die eines jungen Designers aus Großbritannien beweisen.

      @ Ada

      Schön, dass es nicht nur mir so ging. Zu dem Beispiel mit der Silhouette fallen mir schon wieder zwei Bücher ein, wo mich eines ans andere erinnerte (mehr aber auch nicht 😉
      Das Cover des demnächst erscheinenden Romans „Das lange Lied eines Lebens“ von Andrea Levy verwies mich gedanklich gleich an „Little Bee“ von Chris Cleave. Das wird wahrscheinlich weit hergeholt erscheinen, aber es waren die Haare, die ich irgendwo abgespeichert hatte.

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